Thomas Willmann

Obwohl bereits einige Zeit vergangen ist, seit ich dieses nahezu exzellente Buch gelesen habe, ist es mir bis heute in sehr guter Erinnerung geblieben, was einiges über die Qualität der Geschichte aussagt. Ihre Stärke liegt nicht etwa bei der recht schwachen Charakterzeichnung oder einem herausragenden, unvorhersehbaren Handlungsverlauf (der im Gegenteil etwas zu vorhersehbar wirkte), sondern vielmehr bei einer atemberaubenden Atmosphäre, die das Buch im Verlaufe der Geschichte und zu Beginn der retrospektiven Einbindung von Erlebnisschnipseln aus der Vergangenheit zum wahren "page-turner" werden lassen. Sehr empfehlenswert für alle, die sich auf eine Kombination aus Alpenkrimi und Western einlassen möchten, und darüber hinaus wesentlich gelungener als der Film, womit das Buch aufgrund seiner Tiefe und Ausführlichkeit durchaus trotz vorheriger Kenntnis des Films gelesen werden kann.… (altro)

Österreich im 19. Jahrhundert. Der junge Amerikaner Greiner kommt mit Maulesel und Gepäck in ein kleines, von der Außenwelt fast vergessenes Tal in einer Hochebene der Alpen und fragt nach einem Quartier für den Winter. Von der Dorfgemeinschaft wird er fast feindselig empfangen, aber die sechs Söhne des Brenner-Bauern, die im Dorf offensichtlich das Sagen haben, vermitteln ihm gegen Geld eine Unterkunft bei der Gader-Witwe und ihrer jungen Tochter. Greiner ist Maler und verbringt seine Tage mit dem Zeichnen von Skizzen, in denen er alle Häuser und Winkel des Tales festhält. Bald schließt der Schnee das Dorf wie in jedem Winter völlig von der Außenwelt ab. Eines Tages stirbt einer der Söhne des Brenner-Bauern bei einem tragischen Unfall. Sein Tod wird von den Dorfbewohnern mit kühler Gleichgültigkeit hingenommen, lediglich das Erscheinen des alten, gebrechlichen Vaters bei der in der Dorfmitte aufgebahrten, übel zugerichteten Leiche löst Unbehagen bei allen Dorfbewohnern aus. Wieder zurück in seinem Quartier, beginnt Greiner die Arbeit an einem großen Gemälde, auf dem der verstorbene Sohn des Brenner-Bauern zu sehen ist. Allerdings erweckt das Bild den Anschein eines begonnenen Gruppenportraits und lässt noch Platz für viele weitere Personen...
Ein atemberaubender, packender Thriller, der in Wortwahl und Sprachstil an die raue Landschaft angepasst ist, in der er spielt. Furios verlegt der Autor sowohl das Grundmotiv als auch die Handlung eines klassischen Western in die karge Landschaft der Alpen. Dabei kann die Geschichte an Brutalität mit den Western von Cormac McCarthy - den er ausdrücklich auch in seinem Nachwort aufführt - problemlos mithalten. Die Frage nach der Moral wird in diesem Buch allerdings höchstens ansatzweise gestellt. Hier positioniert sich McCarthy in seinem Werk - bei aller expliziten Darstellung der Gewalt - durchweg klarer.
Sehr sehenswert ist übrigens auch die Verfilmung der Geschichte, die die Handlung stark verdichtet und das Westernmotiv noch klarer herausarbeitet. Beeindruckende schauspielerische Leistung von Sam Reiley!… (altro)