Roxann Hill

Die neuen sind da!
Evelin und Alex: wieder ein weiblich/männliches Duo steht im Mittelpunkt des ersten Bandes einer neuen Krimireihe von Roxann Hill. Nein, nicht nur von Roxann. Sie hat einen Koautor, den mir unbekannten Paul Wagle. Was habe ich zu erwarten? Hat sie alles geschrieben und er hat „nur“ Ideen geliefert? Oder hat jeder eine Hälfte des Buches aus der Ich-Perspektive eines der Hauptakteure verfasst? Um es vorweg zu nehmen: es hat sich mir nicht erschlossen. Kapitelweise (manchmal auch mehrere direkt hintereinander) wird die Handlung jeweils aus der Ich-Perspektive eines der beiden weiterentwickelt. Brüche im Schreibstil kann ich nicht erkennen, bis auf den Punkt, dass Evelin ihre Kapitel in direkter Rede erzählt, während die Kapitel von Alex in dritter Person daherkommen, aber immer mit Einblick in seine Gedankenwelt. Ich werde Roxann wohl mal um ein Interview bitten, um das zu klären.
Viel Hintergrund und Umfeld der beiden Hauptakteure im ersten Teil. Für meinen Geschmack etwas zuviel, ist aber wahrscheinlich nötig, um die beiden richtig einzuführen. Auch dadurch schleppen sich die Ermittlungen hin, man stochert im dunklen. Man hat einen grausigen Mehrfachmord und eine traumatisierte Zeugin, aber es gibt keinen vernünftigen Ansatzpunkt bzw. auch keinen Durchbruch. Dass der zweite Fall mit dem ersten zusammenhängen muss, ergibt sich schon aus dem Umfeld.
In der zweiten Buchhälfte geht dann die Post ab, die Ereignisse überschlagen sich. Es wird richtig spannend. Die Auflösung des Falles entwickelt sich schön in den Perspektivwechseln. Der Seitenhieb auf die Innenrevision kommt gut. Am Schluss dann noch eine Überraschung, die ich so nicht erwartet hatte.
Man hat sich zusammengerüttelt, die Vierer-Soko mit den zwei Kommissaren wird am Ende verstetigt. Das bedeutet, es wird neue Fälle geben in genau dieser Konstellation. Ich würde mich freuen, wenn die Figuren der beiden Kommissare auch weiterentwickelt werden.
Das Buch ist mir mehr als vier Sterne wert, ich gebe viereinhalb, das geht ja hier (aber nicht auf AMAZON). Ein bisschen zu viel Umfeld im ersten Teil des Buches, da leidet für mich auch der Spannungsbogen, die Handlung schleppt sich etwas zäh dahin. Die zweite Hälfte macht das wieder wett. Eine klare Leseempfehlung!… (altro)

Die kleine Helena – wieder richtig groß im Einsatz

Ich habe mich auf den neuen Fall von Storm&Partner gefreut. Ich mag die Protagonisten, vor allem Helena Groß. Und es geht auch gleich sehr rasant zur Sache, Langeweile kommt nicht auf, als gleich zu Anfang die erste Schießerei losgeht. Schön, wie die Autorin mich längere Zeit im Dunkeln lässt, wen es da gerade getroffen hat… Bevor der neue Fall beginnt, wird die „Ermittlergruppe“ um Helena und Maximilian (nochmal) vorgestellt, herrlich skurril. Aber für mich, der Band 1 und 2 kennt, ist anzumerken, dass die Erklärungen zur Gruppe und Herkunft sowie auch später die Erläuterungen zu Pardis überflüssig und teilweise störend waren. Hier zielt die Autorin sicher auf die Leser ab, die die vorhergehenden Bände nicht kennen.
Der neue Auftrag ist interessant und fesselnd. Im Laufe des Buches wird basierend auf dem Auftrag ein sehr guter Spannungsbogen aufgebaut, der einen direkten Bezug zu einem realen Fall Anfang der 1990iger Jahre hat. Das fand ich extrem gut. Es lässt nicht lange auf sich warten: unsere Ermittler werden unter Feuer genommen. Es scheint ein Markenzeichen der Autorin zu sein, dass die Protagonisten in jedem Fall physisch attackiert werden. Und das nicht nur einmal im Laufe des Buches. Der Fall bleibt spannend, ich als Leser scheine dem Ermittlerduo ein bisschen voraus zu sein. Seitens der Autorin werden bei mehreren Akteuren subtile Zweifel gesät bezüglich ihrer Ehrlichkeit und Involvierung in den Fall. Es bleibt durchgehend spannend. Ein paar Sekunden vor Helena löst sich für mich das Rätsel, aber wirklich nur ein paar Buchzeilen vorher. Es war spannend bis zum Schluss. Nebenbei noch ein schöner Seitenhieb auf das deutsche Rechtssystem.
Im aktuellen Fall bleibt wenig offen, dafür stellt sich mir die Frage, ob die Nebenlinie der Handlung, die aus Helenas Vergangenheit resultiert, zu Ende ist. Ich kann es mir nicht vorstellen, bin aber gespannt und lasse mich überraschen.
Der nächste Fall von Storm&Partner ist bei mir definitiv eingeplant. Aber vorher gibt es sicher erstmal den nächsten Wuthenow zu lesen.… (altro)

„Wenn ich den Mörder nicht aufspüre, wird er weitermachen. Dann wird es noch zahlreiche solcher Fotos auf zahlreichen anderen Tischen geben.“ (Zitat Seite 136)

Inhalt:
Die Literaturwissenschaftlerin Verena Hofer übernimmt eine befristete Anstellung auf Gut Wuthenow, da sie sich hier gleichzeitig um ihre 5 Jahre alte Nichte Amelie kümmern kann, Tochter ihrer verstorbenen Schwester. Sie soll Carl, den Neffen von Frau von Wuthenow auf deren Landgut betreuen und rechnet mit einem etwa 12 Jahre alten Jungen - der sich allerdings als Dr. Carl von Wuthenow, 37, international anerkannter Kriminalist und Profiler entpuppt. Nach einer gefährliche Schussverletzung ist sein Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt. Carl hat jedoch keine Zeit für intellektuelle Diskussionen mit der Literaturdozentin, sondern er braucht eine Assistentin, da die Staatsanwaltschaft Berlin dringend seine Hilfe benötigt. So befindet sich Verena schon nach wenigen Stunden mitten in einem aufreibenden, gefährlichen Mordfall, der sie an ihre Grenzen bringt.

Thema und Genre:
Dieser spannende Kriminalroman spielt in den Randszenen der Gesellschaft, zwischen Ideologien und Prostitution, legal und illegal. Auch psychologische Aspekte sind ein Thema, sowie der interessante Bereich Kriminologie.

Charaktere:
Verena, die manchmal verträumte Literaturdozentin, ist manchmal etwas überbesorgt, wenn es um Amelie geht. Als sie jedoch durch die Ereignisse innerhalb weniger Stunden gezwungen ist, sich mit der harten, brutalen Realität von Ausbeutung und Verbrechen eines etwas anderen Berlin auseinanderzusetzen, wächst sie mit den Herausforderungen. Ihr logisches Denkvermögen beeindruckt rasch auch den anfangs skeptischen Profiler Carl.
Carl von Wuthenow wirkt zwar etwas arrogant und überheblich, aber wenn er diese Distanziertheit aufgibt, ist er einfühlsam und humorvoll.
Die Chemie stimmt zwischen diesen beiden Hauptprotagonisten und sie ergänzen einander bei den gemeinsamen Ermittlungen perfekt.
Auch die Zusammenarbeit mit Staatsanwaltschaft und Polizei verläuft in diesem Roman sehr positiv, die Autorin verzichtet hier bewusst auf Kontroversen.

Handlung und Schreibstil
Dieses Buch ist eine interessante Mischung zwischen einem hartem Thriller mit Realitätsbezug und einer romantischen Geschichte in einer Wohlfühlumgebung. Die Autorin erzählt die Handlung in der Ich-Form, aus Sicht der Hauptprotagonisten Vera. Nur dort, wo es um die Morde geht, berichtet ein personaler Erzähler aus der Sicht des Mörders, natürlich ohne zu verraten, wer dieser „er“ ist. Dieser Wechsel der Erzählform ist jedoch gekonnt in den Handlungsverlauf eingebunden, erhöht die Spannung, ohne zu unterbrechen. Dazu kommen überraschende Wendungen, die den Leser in Atem und in Leselaune halten.
Der Zeitrahmen umfasst wenige Tage, wobei der neue Tag jeweils als Überschrift über die durch das ganze Buch fortlaufend nummerierten, kurzen Kapitel gesetzt ist.
Der Schreibstil ist angenehm und leicht zu lesen, direkte Reden beleben die Handlung, welche durch Schilderungen ausgewogen ergänzt ist.

Fazit:
Ein packender Thriller, ein ungewöhnliches neues Ermittlerpaar: die Literaturwissenschaftlerin und der Profiler. Dazu ein Hauch von Romantik zwischen den beiden. Eine Mischung, die spannende Lesestunden und durchaus auch eine lange Lesenacht garantiert. Fortsetzung folgt – hoffentlich.
… (altro)